Mit TikTok Geld verdienen: Was steckt hinter dem Hype?
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Einblick in das TikTok-Experiment von Torben Platzer
Torben Platzer hat sich TikTok-Werbungen angesehen, die Geldversprechen oder Methoden bewerben, um Geld verdienen zu können. Darunter befanden sich auch das plattform-interne TikTok Creativity Program, Sportwetten-Tipps und auch illegale Aktivitäten.
Manche lieben TikTok, manche hassen TikTok. Doch so gut wie jeder kennt das soziale Netzwerk. Die Plattform ist bekannt für ihren extremen Algorithmus, der das Nutzerverhalten sehr detailliert scannt, um die Zuschauerbindung möglichst lange zu halten. Im Jahr 2022 war TikTok die am häufigsten heruntergeladene App mit 1,6 Milliarden Nutzern, von denen 65% monatlich aktiv sind. Durchschnittlich 95 Minuten pro Tag verbringen die Nutzer dort. Hochgerechnet sind das etwa 6 Stunden in der Woche beziehungsweise 26 Stunden pro Monat. Dabei werden täglich mehr als eine Milliarde Videos angesehen.
Damit Torben möglichst unbeeinflusst von seinem bisherigen Nutzerverhalten auf TikTok agieren kann, nutzt er eine Funktion, um den Algorithmus zurückzusetzen. Dadurch möchte er ganz gezielt nach Nebentätigkeiten, Methoden zum Geld verdienen und allem anderen suchen können, ohne von anderen Videos, basierend auf seinem bisherigen Nutzerverhalten, abgelenkt zu werden.
Das TikTok Creativity Program
Nach gerade einmal 60 Minuten wurden Torben bereits Werbevideos für das TikTok Creativity Program angezeigt. Die Beta des Programms ist zum Zeitpunkt des Experiments noch nicht lange da und soll eine Alternative zum bisherigen Creator Fund darstellen. Das finale Ziel von TikTok ist es jedoch, den Creator Fund mit dem Creativity Program zu ersetzen und nicht nur alternativ anzubieten.
In den USA gibt es das Programm schon etwas länger und manche Creator zeigen, wie sie mit dem Programm teilweise über 20.000 US-Dollar verdient haben wollen. Um dem Programm beizutreten, braucht man natürlich ein eigenes, persönliches Konto. Außerdem muss man bereits aktiver Creator sein und über mindestens 10.000 Follower verfügen. In den letzten 30 Tagen muss man zudem 100.000 Views gesammelt haben. Bei den Videos versucht TikTok nun einen neuen Weg zu beschreiten. Wo es vorher nur möglich war, Videos mit einer Länge unter 60 Sekunden zu veröffentlichen, verdient man im Creativity Program nämlich nur Geld an Videos, die mindestens eine Minute lang sind.
TikTok hat dies auch aus einem anderen Grund clever durchdacht. Da die Videos nun länger als 60 Sekunden sein müssen, können die Creator nicht einfach ihre Kurzvideos von YouTube nutzen und auf TikTok hochladen.
Auch soll die Bezahlung bei TikTok höher ausfallen als bei YouTube. Im Jahr 2023 hat er mit seinen Kurzvideos 122 Millionen Aufrufe erzielt und 6.260 Euro verdient. Dies entspricht etwa 5 Cent pro 1.000 Aufrufe. Auf einem Screenshot von TikTok, den Torben gefunden hat, soll man für 1.000 Aufrufe allerdings 2,25 US-Dollar erhalten.
Torbens Idee ist es, seine Hauptvideos vom YouTube-Kanal in mehrere Parts aufzuteilen, um so täglich mehrere Videos bei TikTok hochladen zu können, ohne gänzlich neuen Content erstellen zu müssen.
“Straßenumfrage” zu Rewards de
Torben wurde außerdem eine Werbung im Stil einer Straßenumfrage vorgeschlagen. Dabei wurde ein angeblich 19-jähriger Auszubildender gefragt, wie viel Geld er aktuell auf seinem Konto hat. Der Kontostand wird zur Legitimation gezeigt und auch in die Kamera gehalten. Etwas über 9.000 Euro sollen sich darauf befinden. Anschließend gefragt, wie er zu soviel Geld kommt, erzählt er dann von der Rewards-App, die er und seine Freunde angeblich regelmäßig benutzen. Dort soll es möglich sein, in der Stunde bis zu 50 Euro zu verdienen.
Wenn man sich das Video genauer anschaut, sieht man schon mal, dass die Hand vor dem Display das Sparkassen-Haushaltsbuch verdeckt. In diesem kann man jeden Betrag seiner Wahl eingeben. Die angeblichen 9.000 Euro könnten also auch dort einfach eingetragen worden sein.
Torben ist skeptisch, aber er schaut sich die App trotzdem an. Bei Rewards handelt es sich um eine Plattform, bei der man kleine Beträge für Minijobs erhält. Es wird angezeigt, wie viel man maximal anhand der verfügbaren Aufgaben verdient werden kann. In Torbens Fall gab es 33 Aufträge, die mit insgesamt 789 Euro vergütet werden sollen.
Torben warnt jedoch davor, sich von der angezeigten Summe blenden zu lassen. 10 Punkte in der App entsprechen 10 Cent. Die ersten 10 Punkte erhält man als Geschenk, wenn man seine E-Mail-Adresse bestätigt. Für Torben ist damit das gesamte System schon erklärt: Daten für Centbeträge.
Sein Guthaben kann man sich ab 2.000 Punkte respektive 20 Euro via PayPal auszahlen lassen. Direkt nach Registrierung lockt die App mit einem 6-stündigen Startbonus von 15% auf alle verdienten Punkte.
Die meisten Punkte kann man bei Spiele-Apps verdienen. 16.000 Punkte für Raid: Shadow Legends, 2.500 Punkte für Monopoly Go und Co. Allerdings sind die zu erreichenden Ziele so hoch gesteckt, dass man innerhalb einer Stunde gar nichts verdienen wird.
Innerhalb von 2 Stunden wurden mit einer Spiele-App lediglich 50 Cent verdient und in einer anderen App innerhalb von 30 Minuten nochmals 18 Cent. Möchte man eine lukrativere Vergütung, kommt man nicht umhin, sensible Daten preiszugeben. Davon rät Torben jedoch klar ab.
Für das Experiment hat Torben ein Angebot von Lottoland getestet und für 4,99 Euro ein Los gekauft. Für die Verifizierung musste er seinen Personalausweis hochladen und erhielt im Gegenzug 12,50 Euro.
Für das Ausfüllen eines Telekom-Gewinnspiels gab es 1,10 Euro und Torben rechnet stark damit, in den kommenden Wochen viele Spam-Anrufe zu erhalten.
Bei den Umfragen in der Rewards-App hatte Torben jedoch ganz andere Probleme. In vielen Fällen wurde er nämlich kurz vor Abschluss, nachdem er ungefähr 70 bis 80% aller Fragen beantwortet hat, von der Umfrage ausgeschlossen mit dem Hinweis “nicht qualifiziert” zu sein. Eine anteilige Vergütung für die bis zum Ausschluss aufgebrachte Zeit oder für seine eingegebenen Daten gab es nicht.
Für das Eröffnen eines Girokontos bei der Commerzbank hätte Torben 20 Euro erhalten. Und wenn er seine Steuererklärung über Taxfix eingereicht hätte, wären nochmal 10 Euro drin gewesen. In beiden Fällen hat Torben jedoch gepasst, weil es ihm das nicht wert war.
Sportwetten-Tipps
In einer anderen Werbung wurde mit Sportwetten geworben. Die ersten 14 Tage soll man sämtliche Tipps kostenlos erhalten und so bereits angeblich aus 20 Euro ganze 700 Euro machen können.
Hinter der Werbung verbirgt sich ein Service für Fußball-Sportwetten. Dies soll ähnlich zu den Signalgruppen funktionieren, die Torben bereits in einem anderen Selbstexperiment getestet hat. Kostenfrei, wie es in der Werbung beworben wird, ist das Ganze allerdings nicht.
Die Website wirbt damit, dass man “wie ein Profi tippen” würde und die Trefferquote bis zu 82% beträgt. Möchte man sich nun weitere Informationen ansehen, muss man für die in der Werbung beworbenen kostenlosen Testphase einen Euro bezahlen. Anschließend erhält man 14 Tage lang sämtliche Tipps für Einzel- und Kombiwetten im Messenger direkt aufs Handy und kann diese angeblich bei jedem Wettanbieter platzieren.
Nach der Testphase kosten 3 Monate mit Tipps 87 Euro und auf der Seite sind auch einige Beispiele zu potenziellen Gewinnen gelistet. So soll man aus einem Einsatz von 50 Euro einen Gewinn von bis zu 946 Euro machen können.
Kreditangebote
Weitere ziemlich kritische Werbungen, die Torben vorgeschlagen wurden, haben in diesem Fall nichts mit Geld verdienen zu tun, sondern beinhalteten angeblich höchst attraktive Zinssätze auf Kredite. In dem Beispiel ging es um den Kreditvergleich von Smava. In der Werbung wurde mit einem Kredit bis zu 50.000 Euro geworben, zu einem Zinssatz von gerade einmal 0,68%.
Chris, der Teamkollege von Torben, hat seine Daten bereitgestellt, um Angebote verschiedener Kreditinstitute zu erhalten. Trotz unbefristeter Vollzeit-Festanstellung bei einem Medienunternehmen, war das beste und günstigste Angebot mit einem Zinssatz von über 7% versehen. Die Werbung wurde um den Black-Friday herum ausgespielt und wirft damit einige Fragen auf.
Torben vermutet, dass es einen Zinssatz von unter einem Prozent vermutlich nur gibt, wenn man womöglich einen Sofortkredit von 1.000 Euro aufnimmt und einen Großteil dieser Summe bereits anzahlt.
In einer anderen Werbung, passend zu dem Kreditangebot, ging es um eine Kreditkarte. Diese sollte ein Limit bis zu 10.000 Euro haben und die Aussage war mehr oder weniger, dass man sich die Kreditkarte doch einfach holen soll, um dann beispielsweise 4.000 Euro zu nutzen, wenn das Geld gerade wieder knapp ist.
Auch hier müssen aber natürlich nicht nur sämtliche Daten preisgegeben werden, sondern auch eine entsprechende Bonität vorliegen und ein regelmäßiges festes Einkommen nachgewiesen werden. Die Karte selbst ist dennoch sehr teuer. Der Jahreszins liegt bei 24,60%, der auf den Dispokredit angewandt wird.
Captchas lösen und Geld verdienen?
Die nächste Werbung, die Torben gefunden hat, war durchaus skurril. Man soll Geld verdienen, indem man Captchas löst. Captchas sind Sicherheitsbilder, die mittlerweile technisch sehr vielfältig sein können. Während in vielen Fällen aus einer gewissen Anzahl von Bildern alle Bilder ausgewählt werden sollen, die beispielsweise ein Fahrrad beinhalten, gibt es auch Captcha-Bilder in denen ein Puzzleteil an den richtigen Platz geschoben werden soll oder in einer Ansammlung unterschiedlich großer und farbiger Kreise, soll man den Kreis finden und anklicken, der nicht ganz geschlossen ist.
Torben hat sich diese Werbung natürlich auch genauer angeschaut und ist bei einem Telegram-Bot gelandet, der einem immer neue Captcha-Bilder schickt und den Nutzer für das korrekte Lösen mit einem Euro belohnt. Möchte man sich sein Guthaben auszahlen lassen, soll man seine Bankdaten angeben oder das ganze über Telefon klären. Hier geht er allerdings ganz klar von einem sehr offensichtlichen Betrug aus und vergleicht diesen mit den Spam-E-Mails des “Prinzen von Nigeria”. Empfehlen kann er diese Methode daher definitiv nicht.
Kritische Betrachtung der Methoden
Zusammenfassend resümiert Torben, dass er über die Rewards-App innerhalb von rund 3 Stunden 16,57 Euro verdient hat, wovon er jedoch noch die 4,99 Euro für das Lotto-Ticket abzieht. Am Ende bleiben 11,58 Euro, was weniger als 4 Euro pro Stunde entspricht und damit meilenweit von den angeblichen 50 Euro pro Stunde entfernt ist.
Schaut man sich die vielen positiven Bewertungen für diese App genauer an, stellt man fest, dass viele Bewerter ihren Promocode durch die Bewertung platzieren und somit am Affiliate-Programm partizipieren können. Für jeden neu geworbenen Nutzer erhält man 50 Punkte, sobald dieser seine E-Mail-Adresse bestätigt. Außerdem verdient man dauerhaft mit 10% an den bestätigten Einnahmen der geworbenen Nutzer mit.
Bei dem Anbieter für Sportwetten-Tipps muss Torben zuerst einige Fragen beantworten, um herauszufinden, ob sein favorisierter Wettanbieter überhaupt geeignet ist für die Sportwetten-Tipps. Dabei hieß es auf der Website eigentlich, dass die Tipps bei jedem Wettanbieter platziert werden können. Diese Fragen sind allerdings auch völlig irrelevant. Denn egal wie man antwortet, es heißt am Schluss immer, dass der favorisierte Anbieter nicht optimal geeignet sei und man stattdessen ein Kundenkonto bei “Bet-at-home” erstellen soll.
Die gleiche Meldung, dass der Anbieter nicht funktioniert, bekommt man allerdings auch, wenn man selbst Bet-at-home als favorisierten Anbieter angegeben hat. Dem Tipp-Anbieter geht es natürlich nur darum, über seinen Affiliate-Link neue Leute zu werben.
Von den 48 Tipps, die Torben erhalten hat, konnte er nachträglich zeigen, dass 25 Tipps aufgegangen wären. Dies entspricht einer Trefferquote von 52%.
Das TikTok Creativity Program lief dafür um einiges besser. Einige der Videos, die Torben hochgeladen hat, haben beide jeweils mehr als 50.000 Aufrufe erzielt und damit jeweils um die 25 Euro eingespielt. Er hat zwar keine 2,25 Dollar pro 1.000 Aufrufe bekommen wie auf einem Screenshot gesehen, mit 46 Cent pro 1.000 Aufrufe zahlt TikTok in diesem Fall aber dennoch deutlich mehr als YouTube mit 5 Cent.
Insgesamt hat er am Ende des Experiments 1.100 Euro verdient. Allerdings wurden nur 414.000 Aufrufe als qualifiziert angerechnet, was in keinem Verhältnis zu den realen Aufrufzahlen steht. Manche Videos haben fast eine Million Aufrufe erreicht, weshalb Torben diese Differenz nicht nachvollziehen kann. Denn TikToks eigene Definition von “qualifizierten Aufrufen” ist recht schwammig. Es wird von „Video Interaktionen“ und “Authentizität eines Aufrufs” geschrieben. Man versucht künstlich erzeugte Aufrufe oder Interaktionen zu verhindern.
In Torbens Fall wurden sogar einige Videos von TikTok gelöscht, die Sportwetten thematisierten. Diese sollen laut TikTok gegen die Community-Richtlinien verstoßen. Das findet er insoweit unverständlich, da ihm selbst zahlreiche Videos aus diesem Bereich oder auch aus dem Casino-Bereich angezeigt wurden.
Bei der Prüfung verschiedener beworbener Methoden zeigten sich diverse Probleme und Irreführungen, wie etwa unrealistische Versprechen oder Anforderungen, die Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Ethik aufwerfen. Viele der geprüften Angebote endeten entweder in unerwartet niedrigen Verdiensten oder forderten sensible Informationen, ohne entsprechende Gegenleistung zu bieten.
Torben Platzers Selbstexperiment auf TikTok zeigte, dass viele der vielversprechenden Angebote mit Vorsicht zu genießen sind. Während einige Programme wie das TikTok Creativity Program tatsächlich Einnahmen generieren können, sind die Bedingungen oft schwammig und die Auszahlungen nicht immer klar definiert. Andere beworbene Methoden entpuppten sich als wenig lukrativ oder gar riskant hinsichtlich des Datenschutzes. Die Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung einer gründlichen Überprüfung solcher Angebote und die Notwendigkeit, sich vor der Teilnahme umfassend zu informieren.