Rabbit R1 im Test: Das KI-Gadget der Zukunft?

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Torben Platzer hat kürzlich das neue KI-Gadget „Rabbit R1“ getestet. Dieses Gerät wurde als revolutionäre technologische Innovation beworben. “ChatGPT auf Steroiden” und “Ersatz des Smartphones” waren nur einige wenige Bezeichnungen für das handliche Gadget.

Insgesamt wurden über 20 Millionen US-Dollar an Fördergeld gesammelt und über 100.000 Geräte innerhalb kürzester Zeit verkauft. Angesichts dieser beeindruckenden Zahlen waren die Erwartungen hoch. Allerdings gibt es nun Vorwürfe, es könnte sich um einen Betrug handeln, nachdem man vermutet hat, dass es sich bloß um eine einfache App in einem Plastikgehäuse handelt.

Was soll das Rabbit R1 so besonders machen?

Um den Release des Rabbit R1 hat OpenAI, das KI-Unternehmen hinter ChatGPT die neueste Version 4o veröffentlicht. GPT-4o ist in der Lage, mit Sprache zu antworten und Bilder zu analysieren. Selbst Aufgaben können anhand eines Bildes, beispielsweise einer Berechnung, durchgeführt werden. OpenAI legt Wert darauf, dass ChatGPT sich so natürlich wie möglich anfühlt und die Ergebnisse sind beeindruckend.

Während die künstliche Intelligenz von Sprachassistenten von Googles Bard und ChatGPT bisher auf “Large Language Models” (LLMs) basieren, soll im Rabbit R1 ein “Large Action Model” (LAM) stecken. Der Unterschied ist einfach zusammengefasst, dass LLMs auf Fragen antworten, während LAMs angeblich die menschlichen Intentionen verstehen und bei gestellten Aufgaben entsprechend handeln.

Das Rabbit R1 konnte von dem Startup Rabbit Inc. aus Kalifornien für 199 US-Dollar vorbestellt werden. Zum Zeitpunkt seines Selbstexperiments wurde das KI-Gadget bereits zwei Wochen zuvor an alle Vorbesteller in den USA ausgeliefert. Die Veröffentlichung in Europa soll Ende Juni stattfinden, solange wollte er jedoch nicht warten. Stattdessen hat er sich ein Rabbit R1 bei StockX für etwa 570 US-Dollar bestellt, welches wenige Tage später geliefert werden soll.

Praktische Anwendung und Probleme

Das Rabbit R1 wird in einer minimalistischen Box ausgeliefert und kam in einem transparenten Gehäuse. Dieses kann umgeklappt und als Standhalterung für das Gadget genutzt werden. Das leuchtend orange Gerät wiegt gerade einmal 115 Gramm. Integriert in das kleine Gehäuse sind Bluetooth, WiFi, ein Lautsprecher und eine Kamera. Abseits davon sind die physischen Bedienmöglichkeiten jedoch minimal. An der Seite des Geräts befindet sich ein Knopf und zusätzlich gibt es noch ein Scroll-Rad. Außerdem verfügt das Rabbit R1 über einen SIM-Karten-Slot.

Die Einrichtung war laut Torben simpel. Nachdem man das Gerät einschaltet, werden die WLAN-Netzwerke durchsucht und man kann seines auswählen, das Passwort eingeben und das Rabbit R1 mit dem Internet verbinden. Anschließend erstellt und verifiziert man seinen Account bei Rabbit Inc. und kann anschließend mit der Kamera des Rabbit R1 einen QR-Code vom eigenen Smartphone scannen, um beides zu verbinden. Anschließend kann dem Gadget Zugriff auf Apps wie Spotify und Uber geben, was jedoch nicht direkt am Gerät ging, sondern über den PC erfolgen musste.

Einer der angeblichen Vorteile des R1 soll sein, dass das Gerät die Apps selbstständig ausführen kann, während KIs wie ChatGPT lediglich Anleitungen bereitstellen, wie etwas benutzt werden kann.

Genau das hat Torben in seinem Selbsttest ausprobiert. Er fragte also ChatGPT-4o ob es ihm einen Uber in die Stadt rufen kann. GPT-4 verneinte, aber bat Hilfe bei der Bedienung der App an, damit Torben sich selbst einen Uber rufen kann.

Als nächstes fragte Torben das Rabbit R1, ob er ihm einen Uber in die Stadt rufen könnte. Tatsächlich erfolgte die Reaktion des R1 mit der Bitte um Abfahrts- und Ankunftsort. Torben ergänzte seine Frage entsprechend und auf die Antwort des R1 musste er etwa eine Minute warten. Obwohl das Gerät in Torbens Test englisch sprach und auch englische Befehle erhielt, erkannte es die genannten Adressen und suchte nach einem Uber in der Nähe. Es empfahl Torben jedoch einen Uber für 170 US-Dollar. Die Strecke, die er genannt hat, dauert ungefähr 15 Minuten und wenn er für den Vergleich selbst bei Uber schaut, werden ihm Preise zwischen 12 und 15 Euro angezeigt.

Woher diese Probleme kommen, konnte Torben leider nicht feststellen. Er bemerkte lediglich, dass sämtliche Uber-Preise im R1 maßlos überzogen waren. Torben wollte die Fahrt über das R1 trotzdem buchen und anschließend per Uber-App stornieren, um einmal festzustellen, ob der Buchungsprozess funktioniert und um zu schauen, wie das Rabbit R1 auf diesen Preis kommt. Das KI-Gerät gab Torben jedoch eine Fehlermeldung aus, weshalb der Service seitdem nicht mehr verfügbar ist. Torben zudem an, selbst wenn die Buchung über das R1 funktioniert hätte, wäre der gesamte Prozess nur sehr langsam gewesen. Dadurch, dass das Gadget für die Verarbeitung der Fragestellung und der Suche nach vermeintlich passenden Ubers so lange braucht und jede Eingabe zusätzlich durch den Nutzer bestätigt werden muss, wäre Torben deutlich schneller gewesen, wenn er die Uber-App genutzt hätte.

Im nächsten Test sollte das R1 die 5 wichtigsten Aussagen aus einem Buch, welches er in die Kamera des Gerätes hält, wiedergeben. Dies hat zwar funktioniert, es war jedoch weder eine Textausgabe auf dem Display möglich, noch eine Textausgabe in deutsch. Im Vergleich dazu hat GPT-4o anhand eines Bildes vom Buchcover die gleichen Punkte wie das R1 genannt, war dabei jedoch schneller und hat die Antwort als Text in deutsch ausgegeben.

Als nächstes sollte die Aufnahmefunktion des R1 getestet werden. Die Aufgabenstellung war, ein Gespräch mitzuschneiden und den Inhalt zusammengefasst wiederzugeben. Diese Funktion ist durchaus praktisch, wenn man in längeren Sitzungen und Meetings ist und das Rabbit R1 einfach auf dem Tisch liegt und parallel mitläuft. Für den Test hat Torben einmal einen Podcast und ein Short Video von YouTube genommen.

Trotz der bislang fragwürdigen Performance konnte das Rabbit R1 in diesem Fall punkten. Im Webinterface des R1 konnte Torben sich nicht nur die Aufnahme erneut anhören, sondern auch die Zusammenfassung lesen und hat festgestellt, dass das R1 sogar zwischen den Stimmen unterscheidet und die gesagten Punkte entsprechend untergliedert. ChatGPT wiederum hat sich dieser Aufgabe verweigert mit dem Hinweis auf Datenschutz und Vertraulichkeit des Wortes.

Das Rabbit R1 lässt sich auch mit der Grafik-KI Midjourney verbinden und soll dadurch die Bilderstellung von Midjourney per Sprachbefehl ermöglichen. Das erstellte Bild soll anschließend auf dem Display des R1 angezeigt werden. Im Test hat dies jedoch nicht funktioniert. Das R1 gibt nach einiger Zeit eine Fehlermeldung aus und bricht den Vorgang ab. Im Vergleich schneidet ChatGPT in diesem Fall jedoch nicht besser ab. Auch GPT-4o hat keinen Zugriff auf Midjourney.

Auch bei der Anbindung an Spotify hat das Rabbit R1 seine Probleme. Torben hat nach einem bestimmten Ballermann-Lied gefragt, welches erst im vierten Anlauf richtig war. GPT-4o schneidet hier aber natürlich auch nicht besser ab, da es keine Anbindung an Spotify hat.

Im nächsten Test wollte Torben herausfinden, ob das R1 seine Armbanduhr erkennt, welche er in die Kamera hält. GPT-4o hat anhand des bereitgestellten Bildes die Armbanduhr sofort erkennen können. Das R1 wiederum hat zwar die richtige Uhrenmarke erkannt, jedoch ein völlig anderes Modell genannt, welches farblich nicht gleich ist. Während Torben eine goldene Uhr trug, hat das R1 eine Uhr genannt, welche ein schwarzes Armband und einen rose-goldenen Körper besitzt. Wirklich ähnlich sehen sich die beiden Uhren also nicht.

Scheinbar hat das Rabbit R1 durchaus Probleme mit der Farberkennung. Explizit danach gefragt, ob Torbens Armbanduhr “gold” sei, antwortet das KI-Gadget, seine Uhr ist “silber” und nicht “gold”.

Torben hat außerdem die Unterseite einer Gaming-Maus in die Kamera gehalten, auf welcher das Label mitsamt Marke und Modell ersichtlich ist. Zumindest diesen Test hat das R1 problemlos bestehen können.

Dann wollte Torben noch prüfen, ob das R1 anhand eines Bildes mit verschiedenen Zutaten ein Gericht vorschlagen kann. Zur Kontrolle befand sich in dem Bild auch eine Packung mit Allergietabletten. Das R1 hat zwar ein Gericht vorgeschlagen, in welchem die Allergietabletten auch nicht zum Einsatz kommen, aber dadurch dass der Text nicht abrufbar ist, kommt die bessere Lösung auch hier von GPT-4o, da man eine vollständige Anleitung mit allen notwendigen Schritten erhält und diese jederzeit nachlesen kann. Zudem war die Anleitung von GPT-4o sehr viel detaillierter, während es beim R1 relativ oberflächlich war und fast nur daraus bestand, welche Zutaten man benutzen sollte.

Im letzten Test hat Torben dem Rabbit R1 eine E-Mail gezeigt und nach einer Zusammenfassung gefragt. Die Zusammenfassung war in Ordnung, als das R1 jedoch eine Antwort formulieren sollte, war dies nicht möglich. GPT-4o hat diese Aufgabe natürlich problemlos lösen können, da gerade solche Features quasi von Tag 1 an integriert waren.

Kritische Bewertung und Fazit

Trotz der hohen Investitionen von 20 Millionen Euro und Verkäufen von 100.000 Geräten schöpft der Rabbit R1 sein Potenzial nicht vollständig aus. Viele der versprochenen Funktionen wurden nicht wie erwartet geliefert, und das Gerät erweist sich in manchen Bereichen eher als Rückschritt denn als Fortschritt gegenüber dem Smartphone. Obwohl in dem R1 ein Touchdisplay eingebaut wurde, gibt es kaum Situationen, in denen eine Eingabe oder Bestätigung über Touch geregelt wird. Stattdessen hat man ein langsames Scroll-Rad. Außerdem gibt es keinen Zurück-Button, weshalb man nahezu immer durch das gesamte Menü scrollen muss, um wieder an den Anfang zu kommen. Möchte man Lautstärke oder Displayhelligkeit einstellen, benötigt man sogar beide Hände. Der Akku hält ebenfalls kaum länger als 6 Stunden und muss daher teils mehrmals täglich aufgeladen werden.

Torben hatte erst einmal positive Erwartungen an das “Large Action Model“, musste jedoch feststellen, dass es sich bei LAMs nicht um eine KI, sondern lediglich um fest vorgeschriebenen Code handelt. Das Rabbit R1 ist nichts anderes als ein Android-Datenträger, auf dem die Oberfläche und Funktion des R1 nur eine App ist. So drastisch diese Worte klingen mögen, entsprechen sie doch der Wahrheit, wie einige User im Internet herausgefunden haben. Rabbit Inc. hat scheinbar nach Bekanntwerden einen Patch veröffentlicht, der es unmöglich macht, diese “Rabbit R1 App” auf anderen Geräten zu benutzen. Denn zufälligerweise kann die “R1 App” nach einem Update keine Verbindung mehr mit den R1-Servern herstellen, sofern die App von einem anderen Gerät als dem Rabbit R1 ausgeführt wird.

Der CEO des Unternehmens, Jesse Lyu, hat die Darstellung, dass das Rabbit R1 lediglich eine App sei, dementiert und behauptet, es seien lediglich “einige inoffizielle Rabbit-OS-Apps und Webseiten-Emulatoren” im Umlauf. Letztlich bleibt Lyu auch nichts anderes übrig als Schadensbegrenzung zu betreiben, wenn man sich nochmal daran erinnert, dass der Rabbit R1 über 100.000 mal verkauft wurde und Fördergelder von mehr als 20 Millionen US-Dollar gesammelt hat.

Kurz vor Abschluss des Selbstexperiments kam zudem ein Video des YouTubers “Coffeezilla” online, der sich nicht nur mit dem Rabbit R1 beschäftigt, sondern zudem aufgedeckt, dass der Rabbit CEO nicht zum ersten Mal Geld gesammelt hat. Für ein NFT-Projekt namens “GAMA”  sammelte Jesse Lyu im Jahr 2021 über 6 Millionen US-Dollar. Das NFT-Projekt sollte eine Art Bitcoin 2.0 werden und komplett ohne Strom auskommen bzw. im Gegensatz dazu sogar eigenen Strom erzeugen. Und jeder, der ein GAMA-NFT besitzt, sollte dann an dem Verkauf des erzeugten Stroms durch diese neuartigen Coins beteiligt werden. Der Rabbit CEO bezeichnet “GAMA” heutzutage als eine Art “Spaß-Projekt”, die gesammelten 6 Millionen US-Dollar wurden jedoch nie zurückgezahlt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Rabbit R1 trotz seiner innovativen Idee, letztlich mehr als das ist. Eine Idee. Viele der Versprechungen konnten nicht eingehalten werden. Die realen Einsatzmöglichkeiten und die Nutzererfahrung ließen teils mehr als zu wünschen übrig, und die technischen Mängel sowie die unpraktische Handhabung trüben das Gesamtbild dieses KI-Gadgets zusätzlich. Ob Rabbit Inc. mit der R1 nochmal die Kurve kriegen wird oder gar eine neue Version rausbringt, bleibt abzuwarten. Ob der Hype dann allerdings nochmal entfacht oder erneut so groß wird, darf bezweifelt werden.

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